Wie können wir wertschätzend führen?
Was bedeutet wertschätzende Führung überhaupt?
Eine Metapher, die ich gerne benutze, um mit dem Thema zu beginnen:
Anerkennung ist der Motor, der die meisten von uns zu Höchstleistungen antreibt.
Wertschätzung ist der Treibstoff, der den „Motor“ am Laufen hält.
Doch was genau ist damit gemeint?
Wenn wir von wertschätzender Führung sprechen, geht es in erster Linie darum, den Menschen und damit unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur zu respektieren, sondern ihren inneren Wert zu erkennen und zu schätzen.
Michael Katzmann
Die konkrete Bedeutung, die Definition und die wichtigsten Perspektiven des Wortes Wertschätzung habe ich bereits in früheren Beiträgen ausführlich beleuchtet.
Wertschätzende Führung ist ein Führungsverhalten, das sich in einem Führungsstil ausdrückt.
Dieser zeichnet sich durch ein Verhalten und eine Kommunikation aus, die von Respekt, Anerkennung und Einfühlungsvermögen gegenüber den Mitarbeitern und allen anderen Stake- und Shareholder geprägt ist.
Es geht darum, die individuellen Potenziale jedes Einzelnen im Unternehmen zu erkennen und zu fördern, ein positives Arbeitsklima zu schaffen und so die Motivation und Zufriedenheit im Team zu erhalten und zu steigern.
Führungskräfte, die diesen Ansatz praktizieren wirken authentisch in ihrem Führungsverhalten, setzen auf offene und authentische Kommunikation und stärken damit die Bindung zu ihren Mitarbeitern.
Dies führt nicht nur zu besseren Leistungen und höherer Produktivität, sondern auch zu einer geringeren Fluktuationsrate und einer stärkeren Mitarbeiterbindung. Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs und der raschen Veränderungen in der Arbeitswelt erweist sich wertschätzende Führung als entscheidender Erfolgsfaktor, um positive Verhaltensweisen zu fördern der Unternehmen dabei hilft, langfristig ihre Unternehmensziele zu erreichen.
In diesem Artikel sehen wir uns genauer an was die Definition von wertschätzender Führung ist, welche signifikanten Vorteile sie bietet, welche konkreten Methoden und strategien zur Umsetzung angesetzt werden können und welche Herausvorderungen auf uns in einer Führungsrolle, egal ob im Mittelmanagment, als Unternehmer*in oder Projektmanger*in, auf uns warten.
Definition von Wertschätzender Führung
Das Konzept der wertschätzenden Führung ist in erster Linie ein Führungsverhalten und betont die Anerkennung von Leistungen gegenüber den Mitarbeitern:innen durch Lob im Zusammenhang mit einer explizit wertschätzenden Kommunikation, z.B. im Rahmen eines Feedbackgespräche.
Der Ansatz ist in der positiven Psychologie verwurzelt und konzentriert sich auf den Aufbau tragfähiger Beziehungen zwischen Führungskräften und ihren Teammitgliedern.
Wertschätzende Führung basiert auf der Idee, dass die Anerkennung und Würdigung der Beiträge des Einzelnen zu mehr Leistung, Engagement und allgemeinem Wohlbefinden am Arbeitsplatz führt.
Das Konzept betont die Wichtigkeit, ein unterstützendes und befähigendes Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich die Beschäftigten wertgeschätzt und respektiert fühlen.
Führungskräfte, die wertschätzend führen, legen Wert auf eine wertschätzende Kommunikation in der Interaktion mit ihren Teammitgliedern und schaffen so eine wertschätzende Führungskultur.
Das Wissen um die verschiedenen Kommunikationsebenen wie Beziehungs- und Sachebene sowie die Grundlagen guter Gesprächsführung und Techniken wie die motivierende Gesprächsführung gehören zum unverzichtbaren Handwerkszeug eines wertschätzenden Führungsstils.
Weitere zentrale Elemente sind dabei eine
- offene Kommunikation,
- der Aufbau von Vertrauen durch Einfühlungsvermögen und Empathie.
Ziel ist es, den Menschen und seine Stärken in den Mittelpunkt zu stellen und dadurch eine positive Organisationskultur nachhaltig zu fördern und die Mitarbeiter optimal zu motivieren.
Wertschätzende führungskraft
Nach der Betrachtung dessen, was wir unter einem wertschätzenden Führungsstil verstehen, stellt sich die Frage, was eine wertschätzende Führungskraft ausmacht.
Die folgenden Punkte geben eine erste Orientierung, wie ein von Respekt geprägtes Führungsverhalten im Führungsalltag umgesetzt werden kann:
- Aufmerksamkeit und Wahrnehmung der Leistungen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter.
- Häufiges spezifische Anerkennung und Lob ausspreche.
- Gezielt Zeit für den einzelnen Mitarbeiter nehmen
- Empathie und Vertrauen vorleben und fördern.
- Kommunikation auf Augenhöhe konsistent betreiben.
- Fehlertoleranz kommunizieren und vorleben.
- Mitarbeiter als Menschen wahrnehmen und die individuellen Bedürfnisse annerkennen.
Dies sind nur einige Punkte, die es zu beachten gilt. In meinen Führungskräftetrainings und Coachings werden diese Themen entsprechend vertieft und intensiv behandelt.
Nachdem wir nun erfahren haben, was wir unter „wertschätzender Führung“ verstehen, wollen wir uns nun den Vorteilen zuwenden.
Unternehmenskultur und Rahmenbedingungen der wertschätzenden Führung
Peter Drucker, einer der bedeutendsten Managementdenker des letzten Jahrhunderts, hat einmal den treffenden Satz formuliert: „Culture eats Strategy for Breakfast„.
Ohne eine gelebte, wertschätzende Unternehmenskultur wird es schwer sein, den nutzenstiftenden Führungsstil in der gesamten Organisation zu implementieren.
Besonders wichtig ist, dass die Vorbildfunktion der Führungskräfte eine Schlüsselrolle spielt, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Chancen auf ein erfolgreiches Unternehmen massiv erhöhen. Lippenbekenntnisse ohne gelebte Wertschätzung der Menschen verpuffen schnell und kosten viel Vertrauen.
Doch wie kann eine Führungskraft diese Vorbildfunktion erfüllen?
Aus meiner Sicht müssen Führungskräfte an sich arbeiten und eine wertschätzende Grundhaltung verinnerlichen (siehe auch Methoden). Themen wie emotionale Intelligenz, Empathie und Einfühlungsvermögen müssen, wenn nicht vorhanden, entwickelt werden, um die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter zu erkennen.
Weitere wichtige Rahmenbedingungen sind:
- Kontinuierliche Kommunikation einer respektvollen Kommunikation auf Augenhöhe als Unternehmens-DNA.
- Gelebte Fehlertoleranz und Vertrauen schaffen, damit sich die Mitarbeitenden trauen, Risiken einzugehen.
- Wertschätzende Führung muss von der Unternehmensleitung vorgelebt und gefördert werden.
- Ausreichend Zeit und Ressourcen für die Personalentwicklung stehen ganz oben auf der Agenda der Führungskräfte.
- Strukturierte Weiterbildung und Coaching für Führungskräfte zur Stärkung der Kompetenzen anbieten
- Leistungen und Beiträge der Mitarbeitenden systematisch anerkennen und durch geeignete interne Öffentlichkeitsarbeit kommunizieren.
Nachdem wir uns nun bewusst gemacht haben, was unter wertschätzender Führung zu verstehen ist, was eine wertschätzende Führungskraft ausmacht und welche Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen, kommen wir nun zu den erheblichen Vorteilen für Mensch und Unternehmen.
Vorteile einer Wertschätzende Führung
Viele spüren und wissen innerlich, dass wir mit Wertschätzung und Anerkennung mehr erreichen als mit Druck und ständiger ungerechtfertigter Kritik. Konkrete Zahlen und Statistiken untermauern das Gefühl und die positiven Effekte.
So zeigt eine Führungsstudie zum Thema „Führung und Gesundheit“ der BWG Forschung, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen wertschätzender Führung und der daraus resultierenden tragfähigen Beziehung und der Gesundheit der Mitarbeiter gibt.
Bereits hier zeigt sich, dass durch dieses Führungsverhalten der Krankenstand deutlich gesenkt werden kann.
Nach einer Analyse von Rietz und Lohaus (2013) von 37 Studien mit insgesamt mehr als 63.000 Beschäftigten rangiert das Thema Team, Arbeitsatmosphäre und Betriebsklima klar auf Platz 1.
Dies unterstreicht, wie wichtig das Thema Anerkennung und die entsprechende wertschätzende Kommunikation ist, um vor allem junge Talente zu binden und zu fördern.
Auch der HR-REPORT 2023 MITARBEITER-BINDUNG von Hays zeigt, dass die Bindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an das Unternehmen in hohem Maße durch das Betriebsklima bestimmt wird.
Es liegt auf der Hand, dass ein gutes Betriebsklima maßgeblich von einer wertschätzenden Führung beeinflusst wird. Unternehmen, die in eine wertschätzende Organisationskultur investieren, profitieren nicht nur von einer höheren Mitarbeiterbindung und geringeren Fehlzeiten, sondern auch von einer höheren Produktivität und wirtschafltichen Erfolg.
Methodenkoffer der wertschätzender Führung
Aus meiner Sicht sind zwei grundlegende Themen wichtig, um wertschätzend mit anderen umzugehen:
- Die eigene innere Haltung
- Die Art der Kommunikation
2 Übungen zur Innere Haltung als Grundlage für die Wertschätzung des Menschen
Was wir über andere denken, kommt an. Unbewusste Prozesse bestimmen zu einem großen Teil, wie sich andere in unserer Gegenwart fühlen und ob wir dadurch in der Lage sind, tiefere Beziehungen zu unseren Mitarbeitern aufzubauen.
Aber wie verändern wir unsere innere Haltung?
Zwei Übungen, die ich gerne in meinen Führungstrainings und Kommunikationstrainings mache, sind
- Worüber freue ich mich jetzt und
- Wofür bin ich dankbar?
Die Übungen sind denkbar einfach. Bei der ersten setzen wir uns hin und stellen uns die Personen vor, mit denen wir im Laufe des Tages interagieren. Dann suchen wir uns 10 Dinge aus, die wir an dieser Person mögen. Das können äußere Merkmale wie Haare, Augen, Kleidungsstil oder Schmuck sein oder innere Werte wie Fleiß, Gelassenheit, Redseligkeit etc.
Grundsätzlich sollten wir uns an dieser Stelle bewusst machen, dass es immer zwei Seiten einer Realität gibt. Beide sind subjektiv. Vor allem Menschen, denen es schwer fällt, positive Aspekte in anderen Menschen zu finden, sollten sich bewusst machen, dass es weniger an der Person liegt, ob positive Dinge gefunden werden, als vielmehr an der eigenen Persönlichkeit, die dazu neigt, eher die negativen Aspekte des Lebens herauszufiltern. Dieses Thema kann durch Coachings im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung verändert werden.
Die zweite Übung wurde speziell für diesen Zweck entwickelt. Indem wir uns täglich vor Augen führen, wofür wir dankbar sein können, stimulieren wir aktiv jene Regionen im Gehirn, die unsere Wahrnehmung der Welt beeinflussen. Wenn wir positiv gestimmt sind, sind wir auch eher in der Lage, anderen Menschen Respekt und Wertschätzung entgegenzubringen.
Art der Kommunikation
Wie Paul Watzlawick schon formulierte:
„Wir können nicht nicht kommunizieren.“
Was wie ankommt, können wir zum Teil beeinflussen. Unbewusste Kommunikationsmuster sind schwer zu durchbrechen und meist nur durch Training, Coaching und viel Übung schrittweise zu verändern.
Bewusste Kommunikationsprozesse werden unter dem Thema Gesprächsführung zusammengefasst. Im Gegensatz zur unbewussten Kommunikation, die auf erlernten Mustern beruht, verfolgen wir in einem Gespräch ein bewusstes Ziel.
Da das Thema sehr umfangreich ist, verweise ich an dieser Stelle auf weitere Artikel, die das Thema hier in meinem Blog vertiefen.
- Wertfrei kommunizieren für mehr Wertschätzung
- 10 Beispiele wertschätzender Kommunikation
- Die 10 besten Übungen zur wertschätzenden Kommunikation
- Intigrität in der Arbeitswelt als Erfolgsfaktor
- Authentisch kommunizieren
- Motivierende Gesprächsführung als Grundlage für den Kommunikativen Erfolg
- Wertschätzende Kommunikation als Basis für den Erfolg im Unternehmen
Wirksam durch persönliche Entwicklung
Nur eine reife Persönlichkeit ist in der Lage, Respekt, Anerkennung und Wertschätzung gegenüber seinen Kolleg*innen und Angestellten zu zeigen. Aus meiner Erfahrung als Coach und Trainer weiß ich, wie schwer es manchen Menschen fällt, echte Wertschätzung zu zeigen. Der Grund liegt meist in der eigenen Kindheit, in der dieser wesentliche Aspekt gefehlt hat.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter profitieren enorm, wenn die Führungskraft sich auf den Weg macht, ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Eine in sich gefestigte Führungskraft hat u.a. folgende charakteristische Merkmale:
- Zeigt und pflegt einen authentischen Führungsstil.
- Versteht und wendet die Instrumente authentischer Kommunikation an, z. B. aktives und empathisches Zuhören.
- Klare Erwartungen, Ziele und Prioritäten.
- Setzt klare Grenzen, ohne zu verletzen oder Konflikte eskalieren zu lassen.
- Fördert Mitarbeitende, statt sie klein zu machen, und entwickelt Potenziale
- Reflektiert regelmäßig im Team und privat
- Ist offen, auch für schwierige Ideen und Meinungen
- Ist neugierig, statt vermeintliche Antworten zu haben
- Kann Kritik annehmen und positiv für sich und das Team nutzen
Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt, in dem wir einen wertschätzenden Führungsstil erkennen können. Die Basis dafür ist die Entwicklung des eigenen Handelns, die nie zum Stillstand kommt.
What we mean by maturity in people's thinking is not a matter of how smart they are, but it is a matter of the order of consciousness in which they exercise their smartness or their lack of it.
Robert Kegan
6 Praktische Tipps zur Umsetzung von Wertschätzender Führung
Wie im vorigen Abschnitt beschrieben, sind die Haltung und die Art der Kommunikation entscheidend für einen wertschätzenden Führungsstil.
Aber was bedeutet das konkret?
Ich möchte hier 5 Fälle mit Beispielen durchgehen und konkret aufzeigen, wie Wertschätzung im Führungsalltag funktioniert:
- Wertschätzendes Mitarbeitergespräch
- Anerkennung bewusst geben
- Lob als aktives Führungsinstrument einsetzen
- Stärken der Mitarbeitenden fördern
- Förderung durch Weiterentwicklung und Aufstiegschancen
- Führungsstil auf Augenhöhe, auch in Konfliktsituationen und bei Kritik
Wertschätzendes Feedback geben
Der Mehrwert eines Feedbackgesprächs liegt darin, dass unsere Mitarbeiter*innen erfahren, ob sie auf dem richtigen Weg sind und was sie festigen oder verändern können.
Und schon hier können wir Wertschätzung signalisieren, indem wir einen klaren Rahmen für das Gespräch vorgeben, einen festen Turnus einhalten und darauf achten, dass dieser auch eingehalten wird.
Wie bei jedem Gespräch ist es wichtig, sich die Beziehungs- und die Sachebene einer Kommunikation bewusst zu machen. Wertschätzung entsteht vor allem auf der Beziehungsebene, d.h. auf der Ebene, auf der sich der Mensch als Person respektiert fühlen möchte. Dies erreichen wir, indem wir z.B. nach dem Befinden fragen und empathisch auf die Antworten eingehen.
Auf der Sachebene gehen wir auf die Themen ein, die wir wertschätzen wollen und nennen konkrete Gründe, warum wir das gut finden. Das bedeutet, dass wir statt „Frau Müller, das haben Sie gut gemacht“ sagen können: „Frau Müller, was mir besonders gefallen hat, als Sie das Projekt durchgeführt haben, war die Art und Weise, wie Sie mit Ihren Kollegen umgegangen sind, wie Sie jeden ermutigt haben, seine Stärken einzusetzen, um das Ziel zu erreichen.
Auch „Negatives“ kann und soll Teil eines Feedbackgesprächs sein. Hier gilt es, genau auf die Sprache zu achten und sich bewusst zu machen, dass es zunächst darum geht, herauszufinden, ob unser Gegenüber selbst Punkte hat, die er nicht so optimal findet. Wir tun dies, indem wir gezielte Fragen stellen und damit Impulse zur Selbstreflexion geben.
Wenn es hier einen blinden Fleck gibt, machen wir uns daran, das Negative anzusprechen. Auch hier ist es von Vorteil, in der Kunst der wertschätzenden Kommunikation geübt zu sein. Was wir dabei unbedingt beachten müssen, ist, dass wir immer eine Handlung oder einen Prozess beschreiben. Wenn wir etwas als negativ empfinden, ist es kontraproduktiv zu sagen: „Das haben Sie schlecht gemacht“ (hier sprechen wir die Person auf der Beziehungsebene an und können leicht herablassend wirken). Stattdessen können wir den Satz so formulieren: „Aus meiner Sicht ist dieser Prozess nicht optimal gelaufen, was werden sie in Zukunft ändern, damit wir gemeinsam unsere Ziele erreichen?
Konzentration auf die Anerkennung als Führungskraft
Wie schon im Eingangskapitel postuliert, funktionieren die meisten Menschen über Anerkennung. Das ist etwas Natürliches und tief in unserer Biologie verankert. Deshalb bin ich immer wieder erstaunt, wie wenig Führungskräfte die Leistungen ihrer Mitarbeiter anerkennen. Es ist ein Irrglaube, dass „nichts gesagt schon gut genug ist“.
Aber was bedeutet es, etwas bei einem anderen Menschen anzuerkennen?
Hier ein Beispiel aus meiner Verkaufsschulung:
Sobald ich einen Raum betrete und bei einem potenziellen Kunden bin, schaue ich mich genau um. In den meisten Fällen habe ich es mit Geschäftsführer*innen zu tun. Deren Räume unterscheiden sich von denen der Mitarbeiter*innen, da sie oft sehr individuell gestaltet sind. Die Person, die vor mir steht, hat sich Mühe gegeben. Das möchte ich anerkennen und deshalb suche ich mir immer etwas aus und drücke meine Bewunderung dafür aus (z.B. Design, Bilder etc.).
Das können wir auch jeden Tag bei der Arbeit tun. Wir schätzen es sehr, wenn unsere Mitarbeiter ihr Bestes geben. Denn aus ihrer Sicht tun sie das, auch wenn Vorgesetzte anderer Meinung sind. Es geht hier nicht darum, Mitarbeiter zu loben, die die gemeinsam gesteckten Ziele permanent verfehlen (dafür muss ein anderes Führungsinstrument eingesetzt werden), sondern darum, die täglichen Anstrengungen der Teammitglieder wahrzunehmen und gezielt anzuerkennen und wertzuschätzen.
Lob als Führungsinstrument einsetzen, um positives Verhaltensweise zu fördern
Ich wundere mich immer wieder, dass eines der einfachsten und kostengünstigsten Führungsinstrumente so sparsam eingesetzt wird. Dabei ist es ein äußerst wirksames Instrument, das sich bewährt hat und eine große Wirkung auf die Motivation der Mitarbeiter entfaltet.
Oft können Führungskräfte nicht loben, weil sie es von ihren Eltern in der Kindheit nicht gelernt haben. Es gibt auch Kollegen*innen und Mitarbeiter*innen, die kein Lob annehmen können. Hier ist es wichtig, als Führungskraft das Lob zu wiederholen, um zu signalisieren, dass man es auch so meint.
Wenn eine Führungskraft regelmäßig und vor allem spezifisch und authentisch lobt (Heuchelei kommt beim anderen an), freuen sich die Kolleg*innen. Das motiviert, weil es Wertschätzung ausdrückt.
Leadership bedeutet, die Stärken der Mitarbeiter zu fördern
Leistungsbereitschaft steht in engem Zusammenhang mit der Möglichkeit, die eigenen Stärken in einem geeigneten Umfeld einbringen zu können. Mihaly Csikszentmihalyi, der Entdecker des Flow-Zustandes, hat herausgefunden, dass Höchstleistungen, also der Flow-Zustand, dann entsteht, wenn „Aufgaben und Können zusammenkommen“.
Das Führungsverständnis muss also die Förderung individueller Stärken sein, die auf ein wohlwollendes und wertschätzendes Umfeld treffen, das die richtigen Aufgaben den richtigen Personen zuweist.
Doch wie finden und entwickeln wir die Stärken unserer Mitarbeiter*innen und Kolleg*innen? Ein wichtiges Instrument ist das strukturierte Feedbackgespräch im Rahmen einer wertschätzenden Kommunikation (siehe oben). Die andere Möglichkeit ist, Mitarbeiter:innen Fortbildungsmöglichkeiten im und außerhalb des Unternehmens zu bieten.
Förderung von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spüren, dass ihre Vorgesetzten an sie glauben und ihre Stärken weiterentwickeln wollen. Wir tun dies, indem wir entsprechende Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten.
Die Möglichkeit, sich entsprechend den individuellen Stärken und Entwicklungswünschen weiterzubilden, ist Wertschätzung par excellence. Schließlich geht es nicht nur um die Kosten der Weiterbildung, sondern auch um die verlorene Arbeitszeit, die als Kostenfaktor eingerechnet werden muss. Letztlich handelt es sich um eine Investition, die wie jede Investition mit Risiken und Chancen verbunden ist.
Hier ist besonders darauf zu achten, dass die Stärken auch zu den Rollen passen und auf die Unternehmensziele ausgerichtet sind.
Manchmal sind Menschen in den falschen Positionen und Rollen und möchten sich in eine andere Richtung entwickeln. In diesem Fall ist es wichtig, eine gemeinsame langfristige Planung zu erstellen und zu reflektieren, dass ein Richtungswechsel auch gewisse Risiken mit sich bringt, die sich am Ende auszahlen oder auch nicht.
Führungsstil auf Augenhöhe, auch in Konfliktsituationen und bei Kritik
Konflikte zwischen Menschen sind unvermeidlich und notwendig, um Klarheit und Innovation zu ermöglichen. Führungskräfte und Teammitglieder kommunizieren ständig miteinander, und Spannungen sind unvermeidlich.
Eine gute Führungskraft hält diese Spannung aus und freut sich sogar darüber. Hier gilt immer wieder der Satz, dass niemand über oder unter einem steht. Wir kommunizieren immer auf Augenhöhe und signalisieren durch diese Haltung eine wertschätzende Position in der Diskussion.
Das ist die Grundhaltung, die aber nicht ausreicht, um Konfliktsituationen adäquat zu lösen. Hier empfehle ich allen Interessierten, sich mit den wichtigsten Eskalationsstufen nach Glasl zu beschäftigen und grundlegende Mediationstechniken zu erlernen.
Das Gefühl der Kritik wird oft durch negatives Feedback hervorgerufen. Auch hier zahlt es sich aus, wenn die Führungskraft vor allem an ihrer Persönlichkeit gearbeitet hat, um aus dem Negativen etwas Positives für sich und die gesamte Gruppe zu ziehen.
Kontroverse zum Wertschätzenden Führungsstil: Wenn wertschätzung das Negative ignoriert
Eine der Kontroversen, die ich über das Konzept der wertschätzenden Führung immer wieder höre, ist, dass es als zu positiv oder unrealistisch angesehen werden könnte.
Einige Kritiker argumentieren, dass die ausschließliche Konzentration auf positive Aspekte dazu führen kann, dass wichtige negative Rückmeldungen oder Probleme innerhalb eines Teams oder einer Organisation ignoriert oder heruntergespielt werden.
Aus meiner Sicht besteht die Gefahr tatsächlich.
Diese Kontroverse wirft die Frage nach dem Gleichgewicht zwischen der Förderung eines unterstützenden und befähigenden Arbeitsumfelds und der Notwendigkeit auf, Herausforderungen und verbesserungswürdige Bereiche direkt anzusprechen.
Führungsinstrumente wie das Kritikgespräch oder das Kündigungsgespräch können wertschätzend geführt werden, so dass sich alle Parteien wiederfinden und respektvoll verständigen können.
Das negative ist genauso wertvoll wie das positive in den zwischenmenschlichen Beziehungen
Letztendlich ist die richtige Balance zwischen Wertschätzung und konstruktiver Kritik der Schlüssel zu erfolgreicher Führung.
Balance zwischen Wertschätzung und Leistungsanforderungen
Wie bereits in den Herausforderungen diskutiert, ist es auch wichtig, eine gute Balance zwischen Wertschätzung und Bewertung zu finden. Die Aufgabe von Führungskräften in einer Organisation, seien es Abteilungsleiter*innen, Projektmanager*innen oder andere Führungspositionen, ist es, ein Team aufzubauen, das die vor ihm liegenden Aufgaben bestmöglich erfüllt.
Dazu sind Beurteilungen und Reflexionen notwendig, die in Form von Mitarbeitergesprächen unter vier Augen stattfinden. Die Leistungsanforderungen werden durch die Stärken der einzelnen Teammitglieder abgedeckt. Sind diese nicht vorhanden, muss die Bereitschaft zur Veränderung vorhanden sein.
Ob dies positiv und würdevoll geschieht, hängt vom Grad der wertschätzenden Führung ab.
Fazit: Wertschätzende Führung als Führungsinstrument in der Praxis
Wertschätzende Führung erweist sich als kraftvolles Führungsinstrument, das weit über das bloße Lob und die Anerkennung von Leistungen hinausgeht. Es geht darum, eine Kultur des Respekts, der Menschlichkeit und der Empathie im gesamten Unternehmen zu etablieren. Führungskräfte, die diesen Ansatz verinnerlichen, fördern nicht nur das individuelle Potenzial ihrer Mitarbeiter, sondern tragen auch maßgeblich zu einem positiven Arbeitsklima bei, das die Grundlage für nachhaltigen Unternehmenserfolg bildet.
Durch gezieltes Coaching und Training können Führungskräfte lernen, ihre eigenen inneren Haltungen zu reflektieren und ihre Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern. Tools wie regelmäßige Feedbackgespräche, gezielte Anerkennung und die Förderung individueller Stärken sind essenzielle Bestandteile dieses Ansatzes. Diese Führungsinstrumente schaffen Vertrauen und stärken die Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, was wiederum die Mitarbeiterbindung erhöht und die Fluktuation reduziert.
In der Praxis bedeutet wertschätzende Führung, täglich im Führungsalltag kleine, aber bedeutsame Gesten der Anerkennung zu zeigen und auf Augenhöhe zu kommunizieren. Es erfordert ein kontinuierliches Coaching, sowohl für die Führungskräfte selbst als auch für ihre Teams, um sicherzustellen, dass die Prinzipien der wertschätzenden Führung in jeder Interaktion gelebt werden.
Ein Unternehmen, das in eine wertschätzende Unternehmenskultur investiert, profitiert nicht nur von einer gesteigerten Produktivität und Motivation der Mitarbeiter, sondern auch von einer insgesamt stärkeren Wettbewerbsposition. Schließlich ist eine wertschätzende Führung nicht nur ein Instrument, sondern ein umfassender Ansatz, der die gesamte Organisation positiv beeinflusst und langfristig erfolgreich macht.